Die Forschung in unserem Labor konzentriert sich auf normale und bei Krankheiten deregulierte Signalprozesse im Immunsystem. Wir untersuchen, wie Zellen des angeborenen und adaptiven Immunsystems mikrobielle Pathogene (Viren, Bakterien, Pilze) oder bösartige Tumore erkennen und welche molekularen Signalmechanismen diese Informationen ins Zellinnere übermitteln, um die Immunabwehr zu aktivieren und die Integrität des Organismus zu gewährleisten. Zudem versuchen wir zu verstehen, wie genetische Veränderungen oder exogene Störungen diese Signalwege außer Kontrolle geraten lassen und zu Immundefekten, chronischen Entzündungen oder Tumorerkrankungen führen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auch auf der Frage, wie normale Immunzellen entarten und sich zu bösartigen Blutkrebs- (Leukämie) oder Lymphdrüsenkrebs- (Lymphom) Zellen entwickeln können. Das langfristige Ziel unserer Arbeit ist es, die Diagnostik und Therapie von immunologischen Erkrankungen und Krebserkrankungen zu verbessern.
Adaptive Immunität und Krebs
Ausgehend von der funktionellen Charakterisierung genetischer Veränderungen bei Lymphomen des Menschen hat Jürgen Ruland einen lange gesuchten molekularen Mechanismus identifiziert, über den die spezifischen Antigenrezeptoren der T- und B-Zellen den Transkriptionsfaktor NF-κB aktivieren können. Dabei bilden die Proteine BCL10 und MALT1 in den B- oder T-Lymphozyten Schaltkomplexe, die nach der Erkennung eines Antigens auf der Zelloberfläche Signale in den Zellkern leiten, um die kontrollierte Expansion und Aktivierung der Zelle für die Immunabwehr auszulösen. Zudem konnte Jürgen Ruland schlüssig belegen, dass eine genetische Deregulation dieser spezifischen Signalkaskade bei Lymphomen das kontinuierliche Tumorzellwachstum fördert. Hier zeigte Ruland Möglichkeiten auf, diese fehlgeleiteten Signale therapeutisch zu durchbrechen, und wies als Erster nach, dass eine pharmakologische Inhibition von MALT1 für Lymphomzellen toxisch ist. Mit der Inaktivierung des Immun-Checkpoint-Proteins PD-1 identifizierte die Arbeitsgruppe einen neuen zentralen Weg der Tumorsuppression bei T-Zell-Lymphomen. Aktuelle Arbeiten zielen darauf ab, diese Prozesse umfassend zu entschlüsseln, um sie therapeutisch für die Krebsbehandlung nutzbar zu machen.
Angeborenen Immunität und Infektion
Bei der Untersuchung des angeborenen Immunsystems entdeckte Jürgen Ruland den grundlegenden Mechanismus, mit dem der menschliche Organismus Pilzinfektionen abwehrt. In myeloiden Immunzellen wird hierzu das Signalprotein CARD9 als kritischer Faktor benötigt, welcher in Zusammenarbeit mit weiteren zellulären Schaltern (z. B. SYK, BCL10, MALT1, Inflammasomen) die Signale von Mustererkennungsrezeptoren für die Auslösung protektiver entzündlicher Immunantworten integriert. Diese Signalwege sind essenziell, um den Organismus gegen Pilze zu schützen und werden auch für die Immunabwehr bestimmter Viren und Bakterien benötigt. Auf dieser Basis wurde weltweit eine Reihe genetischer Immundefekte beim Menschen identifiziert, die zu einer erhöhten Infektanfälligkeit gegen Pilze oder andere opportunistische Pathogene führen, und die Diagnostik für diese seltenen Erkrankungen entsprechend angepasst. Jürgen Ruland entdeckte zudem mit Clec12A den ersten zellmembranständigen Immunrezeptor für Harnsäurekristalle und mit der direkten Interaktion von CARD9 mit dem DNA-Reparaturprotein Rad50 eine bisher unbekannte Verbindung zwischen der Erkennung von Nukleinsäuren im Zellplasma und der Entzündungsreaktion. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass diese Signalwege im angeborenen Immunsystem nicht nur für die Infektabwehr relevant sind, sondern auch in der unmittelbaren Umgebung von geschädigten Zellen und Tumorzellen aktiv sind und somit neuartige Zielstrukturen für Tumorimmuntherapien darstellen können.
Alumni
Emma Morrish
Konstanze Pechloff
Marc Rosenbaum
Miriam Schulz
Larsen Vornholz
Prof. Jürgen Ruland studierte Medizin in Gießen und Pittsburgh, promovierte in Pharmakologie und ist Facharzt für Laboratoriumsmedizin. Nach klinischer und wissenschaftlicher Tätigkeit an der Technische Universität München (TUM), der Universität Freiburg, dem Ontario Cancer Institute und dem AMGEN Research Institute an der University of Toronto leitete er ab 2003 eine Nachwuchsgruppe der Deutschen Krebshilfe an der TUM. Er habilitierte sich 2005 in Medizin und war von 2010 bis 2012 Ordinarius für Molekulare Immunologie an der TUM. Seit 2012 ist er Ordinarius für Klinische Chemie. Prof. Ruland wurde mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis, und erhielt ERC Advanced Grants in den Jahren 2013 und 2019. Er ist Mitglied mehrerer angesehener wissenschaftlicher Akademien, darunter die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina und die Bayerische Akademie der Wissenschaften.
Weitere Informationen zum Labor Ruland finden Sie auf der Seite des Zentralinstituts für Translationale Krebsforschung (TranslaTUM)
PD-1 instructs a tumor-suppressive metabolic program that restricts glycolysis and restrains AP-1 activity in T cell lymphoma.
Wartewig, T., Daniels, J., Schulz, M., Hameister, E., Joshi, A., Park, J., Morrish, E., Venkatasubramani, A.V., Cernilogar, F.M., van Heijster, F.H.A., Hundshammer, C., Schneider, H., Konstantinidis, F., Gabler, J.V., Klement, C., Kurniawan, H., Law, C., Lee, Y., Choi, S., Guitart, J., Forne, I., Giustinani, J., Muschen, M., Jain, S., Weinstock, D.M., Rad, R., Ortonne, N., Schilling, F., Schotta, G., Imhof, A., Brenner, D., Choi, J., Ruland, J. (2023). Nat Cancer 4, 1508-1525. doi 10.1038/s43018-023-00635-7
Keratinocyte-intrinsic BCL10/MALT1 activity initiates and amplifies psoriasiform skin inflammation.
Kurgyis, Z., Vornholz, L., Pechloff, K., Kemeny, L.V., Wartewig, T., Muschaweckh, A., Joshi, A., Kranen, K., Hartjes, L., Mockel, S., Steiger, K., Hameister, E., Volz, T., Mellett, M., French, L.E., Biedermann, T., Korn, T., Ruland, J. (2021). Sci Immunol 6, eabi4425. doi 10.1126/sciimmunol.abi4425
CARD-BCL-10-MALT1 signalling in protective and pathological immunity.
Ruland, J., Hartjes, L. (2019). Nat Rev Immunol 19, 118-134. doi 10.1038/s41577-018-0087-2
PD-1 is a haploinsufficient suppressor of T cell lymphomagenesis.
Wartewig, T., Kurgyis, Z., Keppler, S., Pechloff, K., Hameister, E., Ollinger, R., Maresch, R., Buch, T., Steiger, K., Winter, C., Rad, R., and Ruland, J. (2017). Nature 552, 121-125. doi 10.1038/nature24649
Rad50-CARD9 interactions link cytosolic DNA sensing to IL-1beta production.
Roth, S., Rottach, A., Lotz-Havla, A. S., Laux, V., Muschaweckh, A., Gersting, S. W., Muntau, A. C., Hopfner, K. P., Jin, L., Vanness, K., Petrini, J. H., Drexler, I., Leonhardt, H. and Ruland, J. (2014). Nat Immunol 15, 538-545. doi 10.1038/ni.2888
Clec12a is an inhibitory receptor for uric acid crystals that regulates inflammation in response to cell death.
Neumann, K., Castineiras-Vilarino, M., Hockendorf, U., Hannesschlager, N., Lemeer, S., Kupka, D., Meyermann, S., Lech, M., Anders, H.J., Kuster, B., Busch, D.H., Gewies, A., Naumann, R., Groß, O. and Ruland, J. (2014). Clec12a is an inhibitory receptor for uric acid crystals that regulates inflammation in response to cell death. Immunity 40, 389-399. doi 10.1016/j.immuni.2013.12.015
Recognition of RNA virus by RIG-I results in activation of CARD9 and inflammasome signaling for interleukin 1 beta production.
Poeck, H., Bscheider, M., Gross, O., Finger, K., Hannesschläger, K., Schlee, M., Rebsamen, M., Rothenfusser, S., Akira, S., Endres, S., Peschel, C., Hartmann, G., Hornung, V., and Ruland, J. (2010) Nat Immunol. 11, 63-69. doi 10.1038/ni.1824
Syk kinase signalling couples to the Nlrp3 inflammasome for anti-fungal host defence.
Gross, O., Poeck, H., Bscheider, M., Dostert, C., Hannesschläger, N., Endres, S., Hartmann, G., Tardivel, A., Schweighoffer, E., Tybulewicz, V., Mocsai, A., Tschopp, J., and Ruland, J. (2009) Nature 459, 433-436. doi 10.1038/nature07965
Card9 controls a non-TLR signalling pathway for innate anti-fungal immunity.
Gross, O., Gewies, A., Finger, K., Schäfer, M., Sparwasser, T., Peschel, C., Förster, I., and Ruland, J. (2006) Nature 442, 651-656. doi 10.1038/nature04926
Bcl10 is a positive regulator of antigen receptor-induced activation of NF-kappaB and neural tube closure.
Ruland, J., Duncan, G. S., Elia, A., del Barco Barrantes, I., Nguyen, L., Plyte, S., Millar, D. G., Bouchard, D., Wakeham, A., Ohashi, P. S., and Mak, T. W. (2001). Cell 104, 33-42. doi 10.1016/s0092-8674(01)00189-1